29
Mai
2007

Leuchten

"Stell dein Licht nicht unter den Scheffel", sagte meine Mutter stets, wenn ich mir etwas nicht zutraute und mich lieber versteckte, " und mache dich bitte nicht kleiner als du bist." Wobei man dazu sagen muss, dass ich ziemlich groß gewachsen bin, und in diesen Worten immer eine kleine Erwartungshaltung mitschwang.

Auch heute noch rücke ich nicht gerne nach vorne und verkrieche mich lieber, bevor ich einfach etwas riskiere. Meine Aktionen sind selten, eigentlich nie, risikobehaftet: Lade ich Gäste ein, habe ich das Essen mindestens einmal vorher ausprobiert; melde ich mich zum Halbmarathon an, kann ich mindesten 12 Kilometer laufen und habe noch viel Zeit zum trainieren, um wirklich das Ziel zu erreichen; spiele ich jemanden etwas auf dem Klavier vor, beherrsche ich es in der Regel.

Ich habe einen Kollegen, der ist vollkommen anders drauf. Sehr innovativ ist der Gute, weiß sich selber zu vermarkten - und redet das Blaue vom Himmel herunter, als ob ihm nichts unmöglich wäre. Als nahe Kollegin weiß ich, dass auch vieles heiße Luft ist, er manches nicht bis zum Ende durchzieht und schlicht und ergreifend manches Mal versagt.

Nur dieses Zutrauen, woher nimmt der Mensch das? Den Glaube an sich selber, dass er etwas erreichen kann? Ist es ihm in die Wiege gelegt, ist es ihm anerzogen?

Meine Mutter ist heute stolz auf mich. Das weiß ich. Aber dennoch höre ich sie immer noch unterschwellig diese Botschaft an mich richten: "Mensch, Mädchen, trau dich doch, wag dich endlich mal und wäge nicht zu viel ab."
Ich bin heute noch zu vorsichtig und neige dazu mir meine Ziele mit viel Selbstzweifel selbst zu zerstören. Viel zu selten sage ich: "Ja, das kann ich und das mach ich auch." Diese Worte aus meinen Mund überraschen mich selber.
Das erinnert mich gerade an meine Schulzeit: Oft musste ich mir auf dem Sprechtag anhören, ich solle mich doch mehr am Unterricht beteiligen, ich hätte doch immer gute Gedanken zum Thema, wenn man mich dran nimmt. Aber mein Finger blieb trotzdem unten.

Die einen schaffen es. Die anderen nicht. Letztere schauen immer dem Lichtschein der anderen voller Bewunderung hinterher oder sonnen sich vielleicht in ihrem Glanz.
Ich will mehr. Ich will selber leuchten, mehr aus mir machen und vor allem daran glauben, dass ich es schaffe.

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flyhigher - 29. Mai, 15:19

Ich denke das hat mit einer gehörigen Portion Selbstvertrauen zu tun, und dem Wissen und der Anerkennung dessen, dass man auch mal was falsch machen darf (solange man dann auch dazu steht, dass es falsch war, und nicht aus der Angst heraus, andere könnten schlecht über einen denken oder reden, das Falsche zum Richtigen ernennt).

momente - 30. Mai, 18:43

Das Problem: Allen anderen gestehe ich Fehler zu - nur mir selber nicht!
Malte - 29. Mai, 20:52

Es liegt vieles im Charakter, nicht nur an der Erziehung. Klar ist auch, wenn die Eltern ihr Kind immer schlecht geredet haben ist es oft so, dass später daraus Komplexe entstehen. Der glaube an sich selber ist zentral, ebenso wie die Tatsache, dass man sich ab und zu auch selbst zu einer Leistung gratulieren sollte. Natürlich alles im Mass, sonst wandelt es sich zur Überheblichkeit...

momente - 30. Mai, 18:44

Ich habe auch zunehmend den Einruck, dass vieles im Charakter liegt. Nur glaube ich auch, dass der Mensch formbar ist. Aber wie macht man das, wie polt man sich selber um?
truetigger - 29. Mai, 21:06

Meiner Meinung nach ist GLÜCK der Schlüssel, denn das Leben ist ein Roadmovie, bei dem der Weg das Ziel ist. Es kommt nicht drauf an, was man am Ende "als Erfolg" verbucht, es kommt noch nicht einmal drauf an wie lang das Leben dauert, einzig die glücklichen Momente zählen.

Wenn Du Dich unwohl fühlst, sobald Du anderen was vormachst, dann ist dies einfach nicht DEIN Weg. Ein bissl was vom Kollegen abschauen - maybe, doch net übertreiben. Vielleicht einfach in einem kleinen Rahmen das ein oder andere mal ausprobieren, um zu schauen wie es ist wenn man die gewohnte Sicherheit verlässt. Z.B. einfach übers WE die ganze Familie ins Auto quetschen und ans Meer / in eine tolle Stadt fahren, dort dann spontan ne Unterkunft suchen und das als Abenteuer aufziehen.

Setz Dich selbst nicht unter Erfolgsdruck, und orientier Dich nicht an anderen. Abschauen kann man sich die ein oder andere Idee, doch was bei anderen funktioniert muss für Dich nicht automatisch auch gut sein.

Und falls Du mal Zweifel hast, dann schau genauer hin, wie die Augen Deiner drei Männer glänzen, wenn sie Dich sehen.

PS: Halbmarathon - wow! Ich bin froh wenn ich auf 8km komm... Wills aber im Herbst auch versuchen :) Komm wohl eher nach denen, die was daherplaudern und das ein oder andere Mal darüber versagen *g*.

creature - 29. Mai, 21:11

@truetigger

der erster absatz ist schön, ich sehs auch so!
momente - 30. Mai, 18:49

"Der Weg ist das Ziel"- ehrlich gesagt ich mag diesen Spruch nicht. Ich möchte viel lieber das Ziel erreichen und Erfolge erleben. Es müssen nicht die Großen sein, aber Kleine überschaubare fände ich schon klasse.
Ich denke, in den Glücksmomenten steckt auch viel Zufriedenheit über das, was man erreicht hat. Das mögen bei dem einen die großen Dinge sein, bei dem anderen sind es kleinere.
Chaot35 - 29. Mai, 22:58

ich versteh dich so gut. hätte von mir sein können.

aber am 07.10 sind die türen zu niedrig, das sag ich dir!:-)

momente - 30. Mai, 18:49

Auf geht's! ;>
Ben (Gast) - 30. Mai, 15:31

Du leuchtest schon. Da bin ich mir sicher.
Jenen welche mehr "scheinen" als leuchten wird irgendwann der Strom abgestellt sobald sie sich als Schaumschläger herausgestellt haben.

momente - 30. Mai, 18:51

Nettes Wortspiel. ;>
Manche schaffen es doch tatsächlich, dass sie immer wieder neuen Energienachschub bekommen. Ist unglaublich. Aber das ist eine andere Geschichte....
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