5
Mrz
2007

Prügelnde Mädchen

In den letzten fünf Tagen haben sich zweimal bei uns am Ort Mädchen aus zwei unterschiedlichen Schulen und Stadtteilen nach der Schule getroffen um zu "fighten". Mädchenhorden rotteten sich zusammen am Bahnhof und vor der Schule, um eine Schlacht auszutragen. Worum es ging, ist vollkommen unklar. "Um die Ehre" - "Die haben uns beleidigt" waren die einzigen O-Töne. In die Medien kam dieser Kleinkrieg natürlich nicht, liegt den Schulleitern doch viel zu sehr daran, dass die Schule ihren guten Ruf bewahren.
Es waren nicht nur Hauptschülerinnen daran beteiligt, sondern auch Realschüler und Gesamtschüler. Die Lehrer hatten keine großartigen Möglichkeiten zu schlichten. Die Mädchen ließen sich vertreiben, führten dann ihren Kampf aber an andere Stelle fort, wo sie von der Polizei auseinander gerissen worden sind.

Prügelnde Mädchen sind mir vollkommen fremd. Ich selber habe - soweit ich mich erinnern kann - noch nie eine Hand gegen eine Geschlechtsgenossin erhoben, noch nicht einmal als kleine Göre gegen meine Schwester. Darum frage ich mich erst recht, was treibt die Mädchen sich zu schlagen, mit den Fäusten zu prügeln, manchesmal sogar krankenhausreif.

Bei uns am Ort sind Bandenkriege zwischen Jungen nichts Außergewöhnliches, wenngleich sich noch alles im Rahmen hält - sofern man hier überhaupt von einem Rahmen sprechen kann, jede körperliche Gewalt ist keine Lösung. Dass die Mädchen sich dieses Verhalten von den Jungen abgeguckt haben, wäre eine Lösung. Ich wage sogar zu behaupten, dass die männlichen Jugendlichen stolz auf ihre um sich schlagenden Freundinnen sind.

Körperliche Überlegenheit ist ganz neu wichtig geworden. Noch mehr von Bedeutung ist das Gruppenzugehörigkeitsgefühl, schließlich prügelten sich hier die Mädchen aus unterschiedlichen Stadtteilen. Das gemeinsame Erleben, die Anstrengung, das Leiden und das gegenseitige Wunden lecken schweißt zusammen und gibt das Gefühl nicht alleine zu sein, sondern eben dazugehörig.

Nichtsdestotrotz denke ich, dass es keiner nötig hat seine körperliche Überlegenheit unter Beweis zustellen, wenn er sich seiner persönlichen Stärke bewußt ist.
"Ich schlage die zusammen, weil ... ich brauche das als Genugtuung, ich kann diese Niederlage von gestern nicht auf mit sitzen lassen." erzählte mir später ein Teenie. Diese Mädchen scheinen sich vor allem über physische Macht zu definieren. Ihrer anderen Kompetenzen haben sie nicht vor Augen. Sie haben auch viel zu selten Erfolgserlebnisse, um sich über ihre anderen Fähigkeiten im Klaren zu sein.
Jugendliche, die oft Niederlagen einstecken müssen, sich selber nicht als erfolgreich wahrnehmen, verkriechen sich, schalten ab, sind permanent zugekifft oder suchen eben ihre Stärke in ihrer Muskelkraft.

Wieviel würde sich doch verändern, wenn wir ihre Perspektivenlosigkeit ändern könnten, ihre Kraft in gute Bahnen lenken, ihnen Ideen geben könnten, wofür es sich tatsächlich lohnt zu kämpfen. Ein großes Stück Hoffnung würden wir in ihre Hände legen.

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Ben (Gast) - 6. Mär, 08:32

Das ist in der Tat ein Phänomen welches immer mehr wird.
Das Frauen/Mädchen sich schlagen oder sich mit Jungen schlage kam früher nur sehr selten vor. Persönlich habe ich es erst 2x erlebt.
Dieses Gruppenzugehörigkeitsgefühl deckt sehr viel bei den Jugendlichen ab. Es darf keinesfalls unterschätzt werden. Den Jugendlichen fehlt oftmals eine entsprechende Freizeitbeschäftigung mit Gleichgesinnten.

momente - 6. Mär, 10:42

Ich glaube noch nicht einmal, dass ihnen die entsprechende Freizeitbeschäftigung fehlen muss.
Ich denke viel mehr, sie erleben heute viel zu selten, dass sie etwas verändern, etwas bewirken können. Jugendliche die nicht erleben, dass sie mit ihren Fähigkeiten etwas leisten können, fallen in eine Art Resignation. Die konsumierende Haltung, die schon kleine Kinder anerzogen bekommen, ist in diesem Zusammenhang auch wenig hilfreich.
Ben (Gast) - 6. Mär, 11:19

Eine sinnvolle Beschäftigung bei der sie ihre Fähigkeiten beweisen und positive Erfahrungen sammeln können. Genau.
creature - 6. Mär, 11:30

heranwachsende brauchen beispiele, menschen die ihnen etwas vorleben können ohne von oben herab mit dem zeigefinger zu fuchteln, das ist leicht und tut fast jeder aber wo sind diese beispiele zu finden?
im tv, zeitschriften, schule, zuhause! wo findet ein mensch jemand dem er nacheifern könnte noch!
ich hab als jugendlicher auch gesucht und nichts gefunden.
zum glück hab ich gerne gelesen und hab dadurch ein menschenbild gefunden welches ich erstrebenswert hielt, wenn auch sehr idealistisch so hatte es mir doch sehr geholfen in dieser zeit ein innere orientierung zu haben.
Ben (Gast) - 6. Mär, 11:38

Kinder respektive Jugendliche werden meiner Meinung nach durch "Vorbilder" geprägt. Wir, die Erwachsenen oder die Gesellschaft, leben es ihnen vor. Es bringt nichts wenn wir selber Wasser predigen aber Wein trinken.
Jeder hat ein Bild oder eine Linie vor Augen dem er entsprechen möchte oder dem er meint zu entsprechen. Sozusagen der "Modelcharakter" oder der innere Kompass.
MephistoBS - 6. Mär, 09:38

Ich kann schon nicht nachvollziehen, dass sich Männer/Jungen prügeln - dass ich es mir bei Frauen/Mädchen noch weniger vorstellen kann, liegt vermutlich daran, dass bestimmte, anti-feministische romantische Vorstellungen von Geschlechtsrollen in meinem Kopf noch präsent sind...

Perspektivenlosigkeit, Resignation, der Wunsch aus der Masse aufzufallen und in einer Gesellschaft, in der Geltung viel bedeutet, selbige zu bekommen. Irgendwo in dem Umfeld werden wohl einige Gründe liegen.

PS: Du hast noch nie eine Hand gegen eine Geschlechtsgenossin gehoben... warum habe ich jetzt das Bild einer männerverprügelnden Momente vor mir? ;-)

momente - 6. Mär, 10:47

*Tatsächlich habe ich in meinem Leben zweimal einem Jungen eine Backpfeife erteilt, aber das waren dumme Umstände: Mein Gatte hat mich im Dunkeln an Tür so erschreckt, dass er sich eine eingefangen hat,
und ein guter Freund hat mit mir als Jugendlicher "rumgekäbbelt", mir ein Kissen vor die Augen gehalten und ich habe ihm dummerweise schallernd auf's Ohr gehauen. Das war nicht gut, nein, das war nicht gut. ---- Aber das war eigentlich nicht mein Thema. ;>*

Die Gründe sind wahrscheinlich so vielschichtig, dass man ein Studie darüber schreiben könnte.
Sabrina (Gast) - 6. Mär, 09:48

Ich komm gerade aus der Haupt. Gelernt hasb ich nichts, nur scheisse wie du findest, nen job krich ich ja eh nich, du Michelle hat mir mit ner Klinge den Arm verletzt. Die Lehrer interessierts nicht. verbind dich halt. halts Maul, Memme. Meine Mutter ist es egal, mein betrunkener vatter sagt nur, such dir nen Typ, lass dich ficken, hast ausgesorgt.
Diese Arschlöcher, ich will nen Job, Arbeiten, Geld haben, an dieser gesellschaft teilhabe, aber alle ficken sich misch nur.
Das was ich kann will keiner sehen, ich bin nur Dreck, der Bodensatz.
Inne Disco darf ich auch nicht, meine Klamotten sind nicht gut genug.
Ersmal rauche, hab mir vom Chinngez sandhandschuhe geliehen.
damit schlag ich der Mischelle die Fresse ein, bis sie aus allen Löchern blutet die Pfotze.
Beim Prügeln kann auch ICH endlich was sein und darstellen, bekomme Respect, den mir sonst keiner gibt.
So schnell nen kräftigen schlugg Vodka un dann hinter S-Bahnhof die schlag ich sie. mir ist alles egal

momente - 6. Mär, 11:06

Wenn ich dich richtig verstanden habe, ist es vor allem der "Respekt", der Mädchen dazu treibt andere zu schlagen. Für mich ist "Respektieren" gleichzusetzen mit "Achten" - ein Wort, mit dem ich persönlich mehr anfangen kann.
Hinter dem Prügeln, steht demnach der Wunsch, dass die anderen mich achten und wertschätzen. Ob sie mich als wertvoll empfinden, nur weil ich ihnen Verletzungen zufüge, das wage ich allerdings zu bezweifeln. Jemand, der stark zuschlägt und blutige Wunden bei seinem Gegner hinterlässt, wird gefürchtet, aber nicht geliebt.
Und letzten Endes glaube ich, geht es darum, dass jeder Mensch - auch du und ich - sich geliebt und angenommen wissen möchte.
Gewalt ist somit keine Lösung.
creature - 6. Mär, 11:17

gefürchtet, aber nicht geliebt, richtig!
ich denk da an alle diktatoren und despoten die dachten geachtet zu sein, kaum verloren sie ihre machtposition waren sie nichts mehr, noch weniger sogar, das volk konnte kaum erwarten sie hängen zu sehen, wenn sie nicht sofort an ort und stelle erschossen wurden, siehe Chauschesku, Hussein, Mussolini etc.
Ben (Gast) - 6. Mär, 11:40

@Sabrina:
War das jetzt ein sarkastischer/satirischer Kommentar oder ein realer?
momente - 6. Mär, 20:27

Das ist das Geheimnisvolle in der Bloggosphäre: Manches wird sich vielleicht nie offenbaren.
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