5
Sep
2006

Kind glotzt TV

Ich sitze in einem kleinen geselligen Kreis mit neun Kindern. Wir erzählen über unsere "Fernsehgewohnheiten":

Von diesen 9 Kindern haben 7 einen Fernseher auf ihrem Zimmer. Alle 7 berichten, er wäre angeschaltet, wenn sie zu Hause sind. Sie müssten die Eltern nicht um Erlaubnis fragen.
2 von ihnen berichten sogar, der Fernseher müßte angeschaltet sein, damit sie einschlafen können. 1 davon erzählt, das Gerät würde auch laufen, wenn sie morgens aufwacht.

Als ich das höre, bin ich entsetzt. Ok, meine Kinder dürfen auch jeden Tag 60 bis 90 Minuten fernsehen, was der Augenarzt verurteilte und meinte eine Stunde in der Woche würde reichen, um die Augen nicht zu überanstrengen. - Einer meiner Söhne klagte jüngst darüber, dass seine Augen so müde seien, und da nicht ganz klar war, ob er nicht doch vielleicht leicht fehlsichtig ist, ließ ich es überprüfen. Draußen Spielen sei gesünder. Finde ich auch, aber bislang empfand ich unseren Fernsehkonsum nicht zu übertrieben.

Mein Beruf lässt mich in andere Schichten abtauchen, und heute war ich wirklich betroffen. Man stelle sich vor: Den ganzen Tag dudelt dieses Gerät. Ich weiß gar nicht, ob ich diesen permanenten Lärmpegel ertragen könnte. Was für eine Verblödung für das Gehirn, wenn man nicht mehr eigene Gedanken fassen muss, sondern permanent berieselt wird.

Ohne andere Eltern zu verurteilen, aber Medienerziehung läuft zum größten Teil über die Eltern. Wenn Kinder nicht einmal mehr fragen müssen, ob sie glotzen dürfen oder nicht, drücken sie natürlich auf den Knopf - würden meine auch.
An der Stelle frage ich mich wirklich, was mit unserer Gesellschaft los ist, dass Erwachsene nicht mehr die Verantwortung übernehmen für die Freizeitgestaltung ihrer Zöglinge. Was für eine Ideen- und wahrscheinlich auch Lustlosigkeit! Mit Sicherheit findet dieses Problem seine Ursache auch in der mangelnden Bildung der Eltern, aber auf diesem Gedanken mag ich mich nicht ausruhen.

Ich wünsche mir einen Ruck in unserer Gesellschaft. Eine Bewegung, die Menschen dazu mobilisiert ihr Leben selber aktiv zu gestalten und nicht nur zu konsumieren,
und Eltern, die ihren Kindern vorleben, was man selber schaffen kann, sie anregen und motivieren, eigene Ideen zu entwickeln.

Leider werden diesen Blogeintrag nur die Erwachsene lesen, die selber nicht vor dem Fernseher hängen.
Schade eigentlich.

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Chaot35 - 5. Sep, 21:54

ein sehr schöner blog der mir aus dem herzen spricht.
aber es liegt auch daran das die "erwachsenen" immer blöder werden und einer generation entstammen wo sie so gut wie nie verantwortung tragen mussten.

p.s. ich könnte mein linkes ei darauf wetten das du meine ex kennst..

momente - 5. Sep, 21:59

Nun, ich denke das Linke bleibt dir noch länger erhalten. ;>>
Chaot35 - 5. Sep, 22:03

ich denke da nur an ein praktikum das du mal in meiner gegend gemacht hast...
momente - 5. Sep, 22:07

Scheiße, jetzt werde ich verdammt neugierig.
Chaot35 - 5. Sep, 22:15

das ist mein job:-)

mail?:-)
momente - 5. Sep, 22:22

immer mail. ;>
Chaot35 - 5. Sep, 22:29

da freut sich was linkes...:-)
momente - 5. Sep, 22:35

;>
Chaot35 - 5. Sep, 22:36

mist. und ich hätte wirklich drauf wetten können..
momente - 5. Sep, 22:38

Tja, Ausführungen meiner Art gibt es leider wie Sand am Meer.
Chaot35 - 5. Sep, 22:40

aber auch da unterscheidet sich die spreu vom weizen....
ich kann dir stories erzählen.... die ex noch mehr....hardcore
momente - 5. Sep, 22:54

Aber das gibt es überall...

ich könnt dir stories erzählen... ;>
Chaot35 - 5. Sep, 22:56

tja, was soll ich jetzt noch sagen?:-)
ich kann ja nicht noch mal auf ein bierchen hinweisen. irgendwann komm selbst ich mir doof vor:-)
Raducanu - 6. Sep, 00:37

Es ist nicht nur die mangelnde Bildung der Eltern, das wäre aus meiner Sicht zu kurz gegriffen. Ich wuchs in den Siebzigern auf dem Lande auf, da waren auch viele Menschen nicht so sehr gebildet und trotzdem haben sie ihr Leben weitgehend sinnvoller gestaltet. Nicht weil sie weniger Zeit vor der Glotze verbracht hätten. Das Fernsehen hat schon - auch in meinem Leben - eine große Rolle gespielt. Die Menschen haben aber mehr miteinander unternommen. Dazu zählte auch der gemeinsame Fersehabend/-nachmittag. Man hatte nämlich in der Regel nur einen Fernseher. Das Problem liegt meines Erachtens also in der gesteigerten Beziehungsunfähigkeit unserer Zeit. In vielen Familien wissen die einzelnen Mitglieder einfach nichts mehr miteinander anzufangen. So hängt jeder in seiner Ecke/seinem Zimmer und konsumiert für sich allein eindimensionale Unterhaltung, egal ob in Form von Fernsehen oder Videospielen, etc.
In vielen Familien man es ja noch nicht einmal, wenigstens einmal am Tag in Form einer gemeinsamen Mahlzeit zusammenzukommen.

momente - 6. Sep, 21:06

Ich stimme dir zu, der Grund liegt meiner Meinung nach mit Sicherheit nicht nur in der mangelnden Bildung. Auch Beziehungsunfähigkeit kann eine Ursache sein.
Ich habe in den letzten Tagen Studien zu dem kindlichen Medienkonsum gelesen, und es gab schon einen Zusammenhang zwischen Bildung und Fernsehkonsum. Akademiker Kinder schauen weit aus weniger fern und greifen sogar mal eher zu einem Buch.
In ländlichen Gegenden wissen die Kinder sich auch noch eher mit anderen Dingen zu beschäftigen als mit TV

Es gibt viele Ursachen und mein kleiner Kinderkreis gestern spiegelte mit Sicherheit auch keinen Querschnitt durch die Gesellschaftsschichten. Nur traurig finde ich es dennoch. Freies Spiel draußen wie drinnen ist so wichtig. Und ich finde es jammerschade, dass so viel Potential im Verborgenen schlummert und nie geweckt werden wird.
Bina79 (Gast) - 6. Sep, 09:01

Es ist wirklich zum heulen...
Ich fürchte es liegt nicht am Bildungsgrad der Eltern. Sondern viel eher daran, dass es doch viel einfacher und weniger anstrengend ist, den Fernseher anzumachen, als sich selbst mit den Kindern zu beschäftigen. Toller Babysitter... Wenn die Eltern wenigstens wissen würden, was ihre Kinder kucken, oder mitkucken würden. Damit uU nochmal drüber reden könnte. Aber nein, das dürfen die Knilche alleine....

momente - 6. Sep, 21:10

Auch das ist ein Grund. Nur fängt die Medienerziehung durch die Eltern an. Sie sind hier treibende Kraft und wenn sie diese Aufgabe nicht wahrnehmen, wird sich auch nichts ändern am Fernsehkonsum der Kleinen.
Xchen - 8. Sep, 16:58

Ich glaube es ist Bequemlichkeit der Eltern. Die einen sind zu faul, um sich um ihre Kinder zu kümmern, die andere haben keine Zeit, weil sie entweder nicht genug Geld haben und viel arbeiten müssen oder den Hals nicht voll genug kriegen können *seufz*

momente - 9. Sep, 14:27

Bequem ist er der elektrische Babysitter. Da hast du recht.
Xchen - 9. Sep, 18:28

Ich weiss - ich kenne selber solche Eltern.
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