26
Feb
2006

Löffelchen

Sonntagmorgen. Der Wecker klingelt nicht, aber meine innere Uhr lässt sich am Wochenende nicht einfach abstellen. Ich werde wie gewohnt wach und lausche in den Morgen hinein. Von draußen dringt matt Vogelgezwitscher durch die geschlossenen Fenster. Es ist so schön. Kindheitserinnerungen werden wach: Mein eigener Geburtstag. Ich bin viel zu früh wachgeworden. Die Sonne geht gerade auf, die Vögel singen. Ich lausche und warte sehnlichst auf den erlösenden Wecker. Aufgeregt und unruhig wälze ich mich im Bett hin und her. Was werden Mama und Papa mir wohl schenken?

Ich wälze mich hin und her und versuche noch einmal die richtige Stellung zu finden, wickel mich in die Decke und denke nach. Über nichts. Und genieße die Ruhe, einfach nur die Ruhe. Langsam formen sich in meinem Kopf klare Ideen. Der Tag wird gedanklich strukturiert.
Ich höre dich aufseufzen. Dein Atem wird flacher und leiser. Wahrscheinlich hast du gespürt, dass ich schon wach bin. Dein Bein schiebt sich unter meine Decke. Deine feinen Härchen kratzen leicht auf meiner Haut. Es ist ein vertrautes, kratziges Gefühl und ich will mehr davon. Ich schiebe mich dir entgegen und reibe meine Backen an deinen Bauch. Löffelchen. Innig liegen wir aneinander geschmiegt. Dein Arm legt sich über meine Brust, hält mich. So geborgen möchte ich für immer liegen bleiben. Nichts soll zwischen uns kommen.
"Mama, ich will zu dir ins Bett." Schade, ein wenig mehr Intimität wäre jetzt wirklich wundervoll. Ein kleiner Mann hat sich ins Zimmer geschlichen, steht wartend vor dem Bett und kriecht dann auch unter meine Decke. Eisern drücke ich meinen Po noch fester an dich. Nichts soll mich jetzt von dir trennen. Ich will bloß nichts aufgeben.
"Ich komme auch zu euch." Ein zweiter kleiner Mann stürmt ins Zimmer und will sich zwischen uns werfen, aber wir geben unsere Stellung nicht auf. Widerwillig drückt er sich an deinen Rücken unter die Decke. Die beiden Kerle reden direkt munter drauf los. Zwei Kinderstimmen wollen sich gegenseitig übertrumpfen, im Wettstreit darum, wer die besseren Geschichten auf Lager hat. Es ist ein munteres Geplapper rechts und links von uns. Und mittendrin liegen wir, eng umschlungen und versuchen zu ignorieren. Unsere Körper pressen sich aneinander, erspüren, genießen die Hitze und die Köpfe hoffen auf den Abend.
Auf die Ruhe. Am Sonntagabend.

25
Feb
2006

Massenbewegung

Ich sitze zwischen 50.000 Menschen im ausverkauften Rhein-Energie-Stadion. Es ist arg kalt. Aber die Stimmung trotzdem berauschend. Wie auf ein Kommando stehen alle auf, begeistert für ihren Verein. Tausende halten ihren Schal hochen, winken und wedeln. Die Farben Rot und Weiß leuchten von allen Rängen. Und ich mittendrin. Ich bin ergriffen, obwohl ich alles andere als ein Fußballfan bin. Ich bin überwältigt davon, dass hier tausende Zuschauer sitzen, alle mit unterschiedlicher Herkunft und Lebensgeschichte. Und alle diese Menschen verbindet nur eins: Die Liebe zum Fußballspiel und die Begeisterung für ihren Verein.

In der Südkurve geht es ganz besonders euphorisch zu. Trommeln. Jolen. Klatschen. Riesige Fahnen und Banner machen das triste Beton des Stadions bunter. Mit den Anfeuerungsrufen aus ihrer Richtung bewegen sich auch die Spieler schneller.

0:1. Ein Raunen geht durch die Reihen. Kopfschütteln. Männer vergraben ihre Gesichter in den Händen. Schweigen. Nur aus der Nordkurve kommen laute Freudenrufe. Feuerwerkskörper werden hier im kindlichem Übermut abgefeuert.

0:2. Die Enttäuschung auf den Rängen ist riesig. Die ersten Menschenketten schlängeln sich die Treppen hinunter. Frustrierte Zuschauer verlassen das Stadion. Eine Abwärtsbewegung, die auch die Spieler auf dem Feld mit sich reißt.

0:3. Zweidrittel der Besucher haben bereits das Stadion verlassen. Es sind enttäuschte Fans, die auf ihren Verein gesetzt haben und auf irgendein Wunder gehofft haben. Große Frustration macht sich breit. Demotivierte unlustige Gesichter allerorts. Die Schals haben sie eng um den Hals gebunden. Wegen der Kälte.
So wie ich.

...

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