Es ist immer leicht zu sagen, was man tun würde, wenn ... wenn man es im Moment nur sagen muß und nicht tun. Ich habe in meinem Leben noch keinen Menschen bei der Polizei angezeigt, weil mir dieses Verhalten zuwider ist. Ich gehe lieber auf den Betreffenden zu und versuche den jeweiligen Aspekt verbal zu klären. Entweder kam ich damit bislang durch oder es war mir wohl nicht wichtig genug.
Was würde ich tun, wenn der Nachbar die Nachbarin verprügelt? Ich weiß es nicht. Wenn man die Polizei ruft und die Frau anschließend behauptet, es war nichts - ist man selbst der Dumme und die Polizei machtlos. Bei einem Mann, der eine Frau schlägt, würde ich auch nicht hinreichend genug Hirn voraussetzen, dass sich ein Gespräch mit ihm lohnen würde zumal ich mich vom Grundsatz her auch nicht in die Beziehung von anderen einmischen tue. Schwer zu sagen, was ich machen würde - meine Reaktion wäre wahrscheinlich spontan, aus der Situation heraus.
Wobei es mir auch grundsätzlich schleierhaft ist, warum diese Situation überhaupt mehr als einmal vorkommt? Wenn es mal nicht so klappt, wirft man sich vielleicht im Frust verletztende Worte an den Kopf. Die kann man zwar auch nicht zurücknehmen, aber später die Ursachen dafür gemeinsam bereden und sich für das Gesagte entschuldigen. Aber wenn eine Frau geschlagen wird... welchen Grund gibt es dann noch für sie, am nächsten Morgen noch da zu sein? Die einzige mir verständliche Reaktion wäre wortloses gehen. Es gibt dann nichts mehr zu sagen und vor allem gibt es kein "wir" mehr.
Hast du schon einmal von dem Begriff "Co-Abhängigkeit" gehört. Menschen können sich aus einer Partnerschaft nicht lösen, obwohl sie geschlagen und misshandelt werden. Für Frauen mit einem starken Selbstbewußtsein vollkommen unverständlich, aber manchmal gibt es Verhaltensmuster bei denen Frauen trotz Gewalthandlungen nicht gehen, weil sie dem Partner auf einer anderen Weise (irrational aus meiner Sicht) verfallen sind. Er gibt ihnen eine Bestätigung, die sie immer wieder förmlich aufsaugen, und ohne die sie nicht meinen Leben zu können.... Das nur am Rande.
Ich glaube, wenn ich eindeutig gehört hätte wie er sie verprügelt, ich hätte geklingelt oder die Polizei gerufen. Aber ich habe derlei nicht wahrgenommen.
Ich weiss genau, was Co-Abhängigkeit ist, ich lebe sie seit Jahren und tappe immer wieder in die Falle - doch ich hätte niemals ne Anzeige gemacht - und bei mir lief vieles sowieso über Vergewaltigung und psychische Gewalt ab, da hätte es gar nichts zu hören geben.
Liebes Xchen, Du sagst so viel Persönliches, dass ich hoffe, deine offenen Worte werden in diesem "öffentlichen" Raum nicht missverstanden oder "missbraucht".
Dieses Thema (Sexueller Missbrauch im Besonderen) interessiert mich persönlich im Moment ganz besonders, weil ich mich derzeit beruflich damit auseinandersetze.
Ich bin nun natürlich neugierig, warum du keine Anzeige gemacht hättest oder hast. Wenn die Frage zu intim wird, sag es mir. Wir können auch gerne mailen (contact_soraya@yahoo.de). Wenn du nichts dazu sagen magst, ist es für mich selbstversändlich auch ok.
Liebe Grüße
momente
Ich musste soviele Jahre still halten und den schönen Schein wahren, das werde ich nie wieder tun.
Bei uns hat im Elternhaus kein sexueller Missbrauch statt gefunden, das kam erst später mit den Jungs und Freunden, die ich hatte.
Bei uns fand psychischer Missbrauch (und Konditionierung durch meine Oma (nur bei mir, meine Schwester wurde von meiner Mutter erzogen) statt).
Weil ich wie Meph so schön sagt, kaum Selbstachtung habe und es mir recht egal ist, wenn jemand meinen Körper missbraucht oder verletzt - das tut niemals nur halb so weh wie Worte. Ausserdem neige ich dazu in Wut selber zu schlagen und bin oft die, die die Prügeleien beginnt.
Gestern Nacht hat zum ersten Mal das Dissoziieren seit langem nicht mehr geklappt. Merke: In Zukunft vorher nein sagen.
Mir ist kaum was zu intim, ich war schon immer ein sehr grenzen- und hemmungsloser Mensch.
Wenn ich was nicht hier schreiben möchte, sage ich schon Bescheid.
Triggergefahr besteht für mich kaum, ausser jemand steht hinter mir und spricht in der Tonlage meines Vaters, riecht nach seinem Rasierwasser oder ich sehe Joe Cocker auftreten - die gleichen sich einerseits von der Haartracht/Baart her und andererseits bewegt sich mein Vater in betrunkenem Zustand wie Joe Cocker beim Singen.
Was machst du denn beruflich?
Ich muss jetzt dann gleich los, werde also wohl erst morgen wieder antworten.
@momente: den Begriff nicht, dass es Fälle gibt, in denen sich eine Frau nicht wehrt und nicht den Mut hat, wegzugehen, ist mir durchaus bewußt.
@Xchen: ich sage die Dinge immer relativ direkt, weil meine Erfahrung die ist, dass es nichts bringt, um "den Brei herumzureden". Wenn ich dich damit verletzt habe, tut es mir leid - das hatte ich nicht bezweckt.
Wie ich oben schon schrieb, ist es immer schwerer etwas zu tun als darüber zu schreiben, was man tun würde. Ich habe aufgrund des Ausgangspostings überlegt, wie ich reagieren würde und dabei ehrlich zu mir zu sein. Es ist einfach zu schreiben, was andere hören möchten - allerdings ist das dann auch wertlos.
Eine Welt, in der sich keiner um den anderen kümmert ist eine Welt, in der ich nicht leben möchte. Eine Welt, in der jeder den anderen beim ersten Verdacht anzeigt, ist auch eine Welt, in der ich nicht leben möchte (und damit meine ich nicht, dass du dies möchtest). Die oben beschriebene Ausgangssituation ist die, dass man etwas hört und vermutet, dass einer den anderen schlägt.
Wenn eine Frau dies zuläßt und nicht geht, dann besteht eine starke Abhängigkeit, die ich als Aussenstehender kaum beeinflussen kann. Ich würde dann auch davon ausgehen, dass sie bei einem Polizeibesuch behaupten würde, sie wäre "die Treppe runtergefallen". Hätte sie den Mut zuzugeben, dass sie geschlagen würde, würde sich in den meisten Fällen wahrscheinlich gehen (ich weiß, dass man nicht alle Fälle in einen Schlauch drücken kann, ich möchte anhand eines nicht unwahrscheinlichen Falles eine Richtung aufzeigen). Was wäre das Ende? Ich würde einen Nachbarn denunzieren, die Polizei wäre machtlos und beim dritten Mal hätte ich eine Klage am Hals. Sorry, auch wenn es weh tut: je nach Situation könnte es natürlich schon passieren, dass ich irgendetwas tun würde - dies hier fest zu behaupten, wäre jedenfalls eine Lüge (und wenn ich mir den Alltag anschaue, scheinen die meisten Menschen auch eher dem Wegsehen zu frönen, als Einsatz zu zeigen).
Etwas anderes wäre es, wenn es sich nicht um eine Vermutung sondern um Wissen handeln würde (z.B., weil es öffentlich auf der Straße passiert). Das ist aber nicht die Ausgangssituation und vermutlich auch die Situation, die in der Praxis weniger auftritt.
Es hat mich schon getroffen, aber du musst dich nicht entschuldigen, ich muss an mir weiter arbeiten - ich wollte dir nur zeigen, wie es von der anderen Seite aussieht.
Was würde ich tun, wenn der Nachbar die Nachbarin verprügelt? Ich weiß es nicht. Wenn man die Polizei ruft und die Frau anschließend behauptet, es war nichts - ist man selbst der Dumme und die Polizei machtlos. Bei einem Mann, der eine Frau schlägt, würde ich auch nicht hinreichend genug Hirn voraussetzen, dass sich ein Gespräch mit ihm lohnen würde zumal ich mich vom Grundsatz her auch nicht in die Beziehung von anderen einmischen tue. Schwer zu sagen, was ich machen würde - meine Reaktion wäre wahrscheinlich spontan, aus der Situation heraus.
Wobei es mir auch grundsätzlich schleierhaft ist, warum diese Situation überhaupt mehr als einmal vorkommt? Wenn es mal nicht so klappt, wirft man sich vielleicht im Frust verletztende Worte an den Kopf. Die kann man zwar auch nicht zurücknehmen, aber später die Ursachen dafür gemeinsam bereden und sich für das Gesagte entschuldigen. Aber wenn eine Frau geschlagen wird... welchen Grund gibt es dann noch für sie, am nächsten Morgen noch da zu sein? Die einzige mir verständliche Reaktion wäre wortloses gehen. Es gibt dann nichts mehr zu sagen und vor allem gibt es kein "wir" mehr.
Hast du schon einmal von dem Begriff "Co-Abhängigkeit" gehört. Menschen können sich aus einer Partnerschaft nicht lösen, obwohl sie geschlagen und misshandelt werden. Für Frauen mit einem starken Selbstbewußtsein vollkommen unverständlich, aber manchmal gibt es Verhaltensmuster bei denen Frauen trotz Gewalthandlungen nicht gehen, weil sie dem Partner auf einer anderen Weise (irrational aus meiner Sicht) verfallen sind. Er gibt ihnen eine Bestätigung, die sie immer wieder förmlich aufsaugen, und ohne die sie nicht meinen Leben zu können.... Das nur am Rande.
Ich glaube, wenn ich eindeutig gehört hätte wie er sie verprügelt, ich hätte geklingelt oder die Polizei gerufen. Aber ich habe derlei nicht wahrgenommen.
Dieses Thema (Sexueller Missbrauch im Besonderen) interessiert mich persönlich im Moment ganz besonders, weil ich mich derzeit beruflich damit auseinandersetze.
Ich bin nun natürlich neugierig, warum du keine Anzeige gemacht hättest oder hast. Wenn die Frage zu intim wird, sag es mir. Wir können auch gerne mailen (contact_soraya@yahoo.de). Wenn du nichts dazu sagen magst, ist es für mich selbstversändlich auch ok.
Liebe Grüße
momente
Bei uns hat im Elternhaus kein sexueller Missbrauch statt gefunden, das kam erst später mit den Jungs und Freunden, die ich hatte.
Bei uns fand psychischer Missbrauch (und Konditionierung durch meine Oma (nur bei mir, meine Schwester wurde von meiner Mutter erzogen) statt).
Weil ich wie Meph so schön sagt, kaum Selbstachtung habe und es mir recht egal ist, wenn jemand meinen Körper missbraucht oder verletzt - das tut niemals nur halb so weh wie Worte. Ausserdem neige ich dazu in Wut selber zu schlagen und bin oft die, die die Prügeleien beginnt.
Gestern Nacht hat zum ersten Mal das Dissoziieren seit langem nicht mehr geklappt. Merke: In Zukunft vorher nein sagen.
Mir ist kaum was zu intim, ich war schon immer ein sehr grenzen- und hemmungsloser Mensch.
Wenn ich was nicht hier schreiben möchte, sage ich schon Bescheid.
Triggergefahr besteht für mich kaum, ausser jemand steht hinter mir und spricht in der Tonlage meines Vaters, riecht nach seinem Rasierwasser oder ich sehe Joe Cocker auftreten - die gleichen sich einerseits von der Haartracht/Baart her und andererseits bewegt sich mein Vater in betrunkenem Zustand wie Joe Cocker beim Singen.
Was machst du denn beruflich?
Ich muss jetzt dann gleich los, werde also wohl erst morgen wieder antworten.
@Xchen: ich sage die Dinge immer relativ direkt, weil meine Erfahrung die ist, dass es nichts bringt, um "den Brei herumzureden". Wenn ich dich damit verletzt habe, tut es mir leid - das hatte ich nicht bezweckt.
Wie ich oben schon schrieb, ist es immer schwerer etwas zu tun als darüber zu schreiben, was man tun würde. Ich habe aufgrund des Ausgangspostings überlegt, wie ich reagieren würde und dabei ehrlich zu mir zu sein. Es ist einfach zu schreiben, was andere hören möchten - allerdings ist das dann auch wertlos.
Eine Welt, in der sich keiner um den anderen kümmert ist eine Welt, in der ich nicht leben möchte. Eine Welt, in der jeder den anderen beim ersten Verdacht anzeigt, ist auch eine Welt, in der ich nicht leben möchte (und damit meine ich nicht, dass du dies möchtest). Die oben beschriebene Ausgangssituation ist die, dass man etwas hört und vermutet, dass einer den anderen schlägt.
Wenn eine Frau dies zuläßt und nicht geht, dann besteht eine starke Abhängigkeit, die ich als Aussenstehender kaum beeinflussen kann. Ich würde dann auch davon ausgehen, dass sie bei einem Polizeibesuch behaupten würde, sie wäre "die Treppe runtergefallen". Hätte sie den Mut zuzugeben, dass sie geschlagen würde, würde sich in den meisten Fällen wahrscheinlich gehen (ich weiß, dass man nicht alle Fälle in einen Schlauch drücken kann, ich möchte anhand eines nicht unwahrscheinlichen Falles eine Richtung aufzeigen). Was wäre das Ende? Ich würde einen Nachbarn denunzieren, die Polizei wäre machtlos und beim dritten Mal hätte ich eine Klage am Hals. Sorry, auch wenn es weh tut: je nach Situation könnte es natürlich schon passieren, dass ich irgendetwas tun würde - dies hier fest zu behaupten, wäre jedenfalls eine Lüge (und wenn ich mir den Alltag anschaue, scheinen die meisten Menschen auch eher dem Wegsehen zu frönen, als Einsatz zu zeigen).
Etwas anderes wäre es, wenn es sich nicht um eine Vermutung sondern um Wissen handeln würde (z.B., weil es öffentlich auf der Straße passiert). Das ist aber nicht die Ausgangssituation und vermutlich auch die Situation, die in der Praxis weniger auftritt.